Bible in 90 Days
Verwüstung Jerusalems durch Gottes Zorngericht
2 In was für eine Dunkelheit hat doch der Herr in seinem Zorn die Tochter Zion versetzt!
Er hat die Zierde Israels vom Himmel zur Erde geschleudert
und des Schemels seiner Füße nicht gedacht
am Tage seines Zorns.
2 Der Herr hat alle Wohnungen Jakobs vertilgt und ihrer nicht geschont;
er hat in seinem Grimm die Festungen der Tochter Juda niedergerissen
und zu Boden geworfen;
er hat ihr Königreich samt ihren Fürsten entweiht.
3 In seinem grimmigen Zorn hieb er jedes Horn[a] von Israel ab,
zog vor dem Feinde seine Hand zurück
und zündete Jakob wie mit einer Feuerflamme an,
welche ringsum alles verzehrt.
4 Er spannte seinen Bogen wie ein Feind,
stellte sich mit seiner Rechten wie ein Widersacher
und machte alles nieder,
was im Zelte der Tochter Zion lieblich anzusehen war;
er goß seinen Grimm wie Feuer aus.
5 Der Herr ist geworden wie ein Feind;
er hat Israel vertilgt, alle seine Paläste vernichtet;
er hat seine Festungen zerstört
und hat der Tochter Juda viel Klage und Wehklage verursacht.
6 Er hat sein Gehege verwüstet wie einen Garten,
sein Versammlungshaus zerstört;
der Herr hat die Festtage und Sabbate zu Zion in Vergessenheit gebracht
und in seinem grimmigen Zorn König und Priester verworfen.
7 Der Herr hat seinen Altar verabscheut, sein Heiligtum verflucht;
er hat die Mauern ihrer Paläste der Hand des Feindes preisgegeben;
sie haben im Hause des Herrn ihre Stimme erschallen lassen
wie an einem Festtag.
8 Der Herr hatte sich vorgenommen, die Mauern der Tochter Zion zu zerstören;
er spannte die Meßschnur aus, zog seine Hand nicht zurück, bis daß er sie vertilgte;
Wall und Mauer versetzte er in Trauer;
sie stehen allzumal kläglich da.
9 Ihre Tore sind in den Erdboden versunken,
ihre Riegel hat er verderbt und zerbrochen;
ihr König und ihre Fürsten sind unter den Heiden; es ist kein Gesetz mehr da,
auch bekommen ihre Propheten keine Offenbarung mehr vom Herrn.
10 Die Ältesten der Tochter Zion sitzen schweigend auf der Erde;
sie haben Staub auf ihr Haupt gestreut und sich mit dem Sack umgürtet;
die Jungfrauen von Jerusalem senken ihr Haupt zur Erde.
11 Meine Augen sind ausgeweint, mein Inneres kocht;
mein Herz schmilzt in mir
wegen des Zusammenbruches der Tochter meines Volkes,
weil die jungen Kinder und Säuglinge auf den Gassen verschmachtet sind!
12 Sie sprachen zu ihren Müttern:
„Wo ist Brot unde Wein?“
als sie wie Todwunde auf den Straßen der Stadt verschmachteten,
als sie in dem Schoß ihrer Mütter den Geist aufgaben.
13 Wie soll ich dir zusprechen, du Tochter Jerusalem?
Wem soll ich dich vergleichen?
Womit soll ich dich beruhigen und trösten, du Jungfrau, Tochter Zion?
Denn dein Schaden ist so groß wie das Meer!
Wer kann dich heilen?
14 Deine Propheten haben dir erlogenes und fades Zeug gepredigt
und haben deine Missetat nicht aufgedeckt,
um dadurch deine Gefangenschaft abzuwenden,
sondern sie haben dir betrügerische und verführerische Orakel gegeben.
15 Alle, die des Weges vorübergehen, schlagen die Hände über dir zusammen,
zischen und schütteln den Kopf über die Tochter Jerusalem:
„Ist das die Stadt, von der man sagte, sie sei die allerschönste,
die Wonne der ganzen Erde?“
16 Alle deine Feinde sperren ihr Maul gegen dich auf,
zischen und knirschen mit den Zähnen
und sagen: „Jetzt haben wir sie vertilgt!
Das ist der Tag, auf den wir hofften, wir haben ihn erlebt und gesehen!“
17 Der Herr hat vollbracht, was er sich vorgenommen;
er hat seine Drohung ausgeführt, die er von alters her hat verkündigen lassen;
er hat schonungslos zerstört;
er hat den Feind über dich frohlocken lassen
und das Horn deiner Widersacher erhöht. -
18 Ihr Herz schreie zum Herrn!
Du Mauer der Tochter Zion, laß Tag und Nacht Tränenströme fließen,
gönne dir keine Ruhe,
dein Augapfel raste nicht!
19 Stehe auf und klage des Nachts, beim Beginn der Wachen!
Schütte dein Herz wie Wasser aus vor dem Angesicht des Herrn!
Hebe deine Hände zu ihm empor für die Seele deiner Kindlein,
die an allen Straßenecken vor Hunger verschmachten!
20 Herr, schaue her und siehe: Wem hast du also getan?
Sollten denn Frauen ihre eigene Leibesfrucht essen,
die Kindlein ihrer Pflege?
Sollten wirklich Priester und Propheten im Heiligtum des Herrn erschlagen werden?
21 Junge und Alte liegen draußen auf der Erde;
meine Jungfrauen und meine Jünglinge sind durch das Schwert gefallen;
du hast sie am Tage deines grimmigen Zornes erwürgt,
du hast sie schonungslos niedergemacht!
22 Wie zu einem Festtage hast du alles, was ich fürchtete, von allen Seiten zusammengerufen,
und es ist am Tage des Zornes des Herrn niemand entronnen noch übriggeblieben;
was ich gepflegt und großgezogen hatte,
das vertilgte mein Feind!
Leiden und Trost
3 Ich bin der Mann, der tief gebeugt worden ist
durch die Rute seines Zorns.
2 Mich hat er verjagt und in die Finsternis geführt
und nicht ans Licht.
3 Nur gegen mich kehrt er immer wieder den ganzen Tag seine Hand.
4 Er hat mein Fleisch und meine Haut verschlungen
und meine Knochen zermalmt.
5 Er hat rings um mich her
Gift und Drangsal aufgebaut.
6 In dunkeln Höhlen läßt er mich wohnen
wie längst Verstorbene.
7 Er hat mich eingemauert, daß ich nicht herauskommen kann;
mit ehernen Ketten hat er mich beschwert.
8 Ob ich auch schreie und rufe,
verstopft er doch die Ohren vor meinem Gebet.
9 Quadersteine legt er mir in den Weg,
krümmt meine Pfade.
10 Er lauert mir auf wie ein Bär,
wie ein Löwe im Dickicht.
11 Er hat mich auf Abwege gebracht,
ist über mich hergefallen und hat mich arg zugerichtet.
12 Er hat seinen Bogen gespannt
und mich dem Pfeile zum Ziel gesetzt.
13 Er hat mir seines Köchers Söhne
in die Nieren gejagt.
14 Ich bin allem Volk zum Gelächter geworden,
ihr Liedlein den ganzen Tag.
15 Er hat mich mit Bitterkeit gesättigt,
mit Wermut getränkt.
16 Er ließ meine Zähne sich an Kies zerbeißen,
er hat mich mit Asche bedeckt.
17 Und du hast meine Seele aus dem Frieden verstoßen,
daß ich des Glückes vergaß.
18 Und ich sprach: Meine Lebenskraft ist dahin,
meine Hoffnung auf den Herrn.
19 Sei eingedenk meines Elends, meiner Verfolgung,
des Wermuts und des Gifts!
20 Beständig denkt meine Seele daran
und ist tief gebeugt!
21 Dieses aber will ich meinem Herzen vorhalten,
darum will ich Hoffnung fassen:
22 Gnadenbeweise des Herrn sind's, daß wir nicht gänzlich aufgerieben wurden,
denn seine Barmherzigkeit ist nicht zu Ende;
23 sie ist alle Morgen neu,
und deine Treue ist groß!
24 Der Herr ist mein Teil, spricht meine Seele;
darum will ich auf ihn hoffen.
25 Der Herr ist gütig gegen die, welche auf ihn hoffen,
gegen die Seele, die nach ihm fragt.
26 Gut ist's, schweigend zu warten
auf das Heil des Herrn.
27 Es ist einem Manne gut,
in seiner Jugend das Joch zu tragen.
28 Er sitze einsam und schweige,
wenn man ihm eines auferlegt!
29 Er stecke seinen Mund in den Staub;
vielleicht ist noch Hoffnung vorhanden!
30 Schlägt ihn jemand, so biete er ihm den Backen dar
und lasse sich mit Schmach sättigen!
31 Denn der Herr
wird nicht ewig verstoßen;
32 sondern wenn er betrübt hat,
so erbarmt er sich auch nach der Größe seiner Gnade.
33 Denn nicht aus Lust
plagt und betrübt Er die Menschenkinder.
34 Wenn alle Gefangenen eines Landes
mit Füßen getreten,
35 wenn das Recht eines Mannes
vor dem Angesicht des Höchsten gebeugt,
36 die Rechtssache eines Menschen verdreht wird,
- sollte der Herr es nicht beachten?
37 Wer hat je etwas gesagt und es ist geschehen,
ohne daß der Herr es befahl?
38 Geht nicht aus dem Munde des Höchsten
das Böse und das Gute hervor?
39 Was beklagt sich der Mensch?
Es hätte sich wahrlich jeder über seine Sünde zu beklagen!
40 Lasset uns unsere Wege erforschen und durchsuchen
und zum Herrn zurückkehren!
41 Lasset uns unsere Herzen samt den Händen
zu Gott im Himmel erheben!
42 Wir sind abtrünnig und widerspenstig gewesen;
das hast du nicht vergeben;
43 du hast dich im Zorn verborgen und uns verfolgt;
du hast uns ohne Gnade erwürgt;
44 du hast dich in eine Wolke gehüllt,
daß kein Gebet hindurchdrang;
45 du hast uns zu Kot und Abscheu gemacht
unter den Völkern!
46 Alle unsere Feinde
haben ihr Maul gegen uns aufgesperrt.
47 Grauen und Grube wurden uns beschieden,
Verwüstung und Untergang.
48 Es rinnen Wasserbäche aus meinen Augen
wegen des Untergangs der Tochter meines Volkes.
49 Mein Auge tränt unaufhörlich;
denn da ist keine Ruhe, -
50 bis der Herr
vom Himmel herabschauen und dareinsehen wird.
51 Was ich sehen muß, tut meiner Seele weh
ob aller Töchter meiner Stadt.
52 Die mich ohne Ursache hassen,
stellten mir heftig nach wie einem Vogel;
53 sie wollten mich in der Grube ums Leben bringen
und warfen Steine auf mich.
54 Die Wasser gingen über mein Haupt;
ich sagte: Ich bin verloren!
55 Aber ich rief, Herr, deinen Namen an,
tief unten aus der Grube.
56 Du hörtest meine Stimme:
„Verschließe dein Ohr nicht vor meinem Seufzen, vor meinem Hilferuf!“
57 Du nahtest dich mir des Tages, als ich dich anrief,
du sprachest: Fürchte dich nicht!
58 Du führtest, o Herr, die Sache meiner Seele,
du rettetest mir das Leben!
59 Du hast, o Herr, meine Unterdrückung gesehen;
schaffe du mir Recht!
60 Du hast all ihre Rachgier gesehen,
alle ihre Anschläge wider mich;
61 du hast, o Herr, ihr Schmähen gehört,
alle ihre Pläne gegen mich,
62 die Reden meiner Widersacher
und ihr beständiges Murmeln über mich.
63 Siehe doch: ob sie niedersitzen oder aufstehen,
so bin ich ihr Spottlied.
64 Vergilt ihnen, o Herr,
nach dem Werk ihrer Hände!
65 Gib ihnen Verstockung ins Herz,
dein Fluch komme über sie!
66 Verfolge sie in deinem Zorn
und vertilge sie unter dem Himmel des Herrn hinweg!
Klage über das Geschick des Volkes
4 Wie ist das Gold geschwärzt,
wie ist das köstliche Gold entstellt!
Wie sind die Steine des Heiligtums
an allen Straßenecken aufgeschüttet!
2 Wie sind die Kinder Zions, die teuren,
die mit feinem Gold aufgewogenen,
den irdenen Geschirren gleichgeachtet,
dem Werke von Töpfershänden!
3 Auch Schakale reichen die Brust,
säugen ihre Jungen;
aber die Tochter meines Volkes ist grausam geworden,
wie die Strauße in der Wüste.
4 Den Säuglingen klebt vor Durst
die Zunge am Gaumen;
die Kindlein verlangen Brot,
aber niemand bricht es ihnen.
5 Die sonst Leckerbissen aßen,
verschmachten auf den Gassen;
die auf Purpurlagern ruhten,
sind jetzt froh über Misthaufen!
6 Denn die Schuld der Tochter meines Volkes war größer
als die Sünde Sodoms,
welches in einem Augenblick umgekehrt ward,
ohne daß Menschenhände sich dabei abmühten!
7 Ihre Fürsten waren glänzender als Schnee,
weißer als Milch,
ihr Leib war röter als Korallen,
ihre Gestalt wie ein Saphir.
8 Jetzt aber sind sie schwärzer als Ruß,
man erkennt sie nicht auf den Gassen;
ihre Haut klebt an ihrem Gebein,
sie sind so dürr wie Holz.
9 Glücklicher waren die, welche das Schwert erschlug,
als die, welche der Hunger tötete,
welche [vom Hunger] durchbohrt dahinschmachteten,
aus Mangel an Früchten des Feldes.
10 Die Hände barmherziger Frauen
haben ihre eigenen Kinder gekocht;
sie dienten ihnen zur Nahrung,
beim Zusammenbruch der Tochter meines Volks.
11 Der Herr ließ seine Zornglut ausbrennen,
schüttete seinen grimmigen Zorn aus
und zündete in Zion ein Feuer an,
das seine Grundfesten verzehrte.
12 Die Könige der Erde hätten es nicht geglaubt
und kein Bewohner des Erdkreises,
daß der Feind, der sie belagerte,
durch die Tore der Stadt Jerusalem einziehen würde -
13 um der Sünden willen ihrer Propheten,
durch die Schuld ihrer Priester,
welche in ihrer Mitte
das Blut der Gerechten vergossen haben.
14 Sie wankten auf den Gassen wie Blinde
und waren so mit Blut bespritzt,
daß niemand ihre Kleider anrühren mochte.
15 Man rief ihnen zu: „Fort mit euch, ihr seid unrein!
Weg, weg, kommt uns nicht zu nah!“
Wenn sie flohen und zu den Heiden wankten, sprach man: „Bleibt nicht länger hier!“
16 Das Angesicht des Herrn hat sie zerstreut!
Er will sie nicht mehr anblicken.
Man nahm auf Priester keine Rücksicht mehr
und hatte kein Erbarmen mit den Alten.
17 Auch da noch schmachteten unsere Augen nach Hilfe.
Vergeblich! Auf unserer Warte
spähten wir nach einem Volke, das doch nicht half.
18 Man verfolgte unsere Spur,
so daß wir auf unseren Gassen nicht mehr wandeln konnten;
unser Ende war nahe, unsere Tage abgelaufen;
ja, unser Ende war gekommen.
19 Unsere Verfolger waren schneller
als die Adler des Himmels;
über die Berge jagten sie uns nach,
und in der Wüste lauerten sie auf uns.
20 Unser Lebensodem, der Gesalbte des Herrn,
wurde in ihren Gruben gefangen,
er, von dem wir sagten:
„Wir werden in seinem Schatten unter den Heiden leben!“ -
21 Juble nur und sei schadenfroh, du Tochter Edom,
die du im Lande Uz wohnst!
Der Kelch wird auch an dich kommen,
du wirst auch trunken und entblößt werden!
22 Tochter Zion, deine Schuld ist getilgt;
er wird dich nicht mehr gefangen wegführen lassen;
deine Schuld aber, Tochter Edom, sucht er heim,
deine Sünden deckt er auf!
Trostlose Lage nach der Eroberung Jerusalems - Die Flamme der Hoffnung
5 Gedenke, Herr, was uns widerfahren ist!
Schau her und siehe unsere Schmach!
2 Unser Erbe ist den Fremden zugefallen,
unsere Häuser den Ausländern.
3 Wir sind Waisen geworden, vaterlos,
unsere Mütter zu Witwen.
4 Unser Wasser trinken wir um Geld,
unser Holz kommt uns gegen Bezahlung zu.
5 Unsere Verfolger sind uns beständig auf dem Hals;
werden wir müde, so gönnt man uns keine Ruhe.
6 Wir haben Ägypten die Hand gereicht und Assur,
um genug Brot zu erhalten.
7 Unsere Väter, die gesündigt haben, sind nicht mehr;
wir müssen ihre Schuld tragen.
8 Knechte Herrschen über uns;
niemand befreit uns aus ihrer Hand!
9 Wir schaffen unsere Nahrung unter Lebensgefahr herbei,
weil uns in der Wüste das Schwert bedroht.
10 Unsere Haut ist schwarz wie ein Ofen,
so versengt uns der Hunger.
11 Frauen wurden in Zion vergewaltigt,
Jungfrauen in den Städten Judas.
12 Fürsten wurden durch ihre Hand gehängt,
die Person der Alten hat man nicht geachtet.
13 Jünglinge müssen Mühlsteine tragen
und Knaben straucheln unter Bürden von Holz.
14 Die Ältesten bleiben weg vom Tor,
und die Jünglinge lassen ihr Saitenspiel.
15 Die Freude unsres Herzens ist dahin,
unser Reigen hat sich in Klage verwandelt.
16 Die Krone ist uns vom Haupte gefallen;
wehe uns, daß wir gesündigt haben!
17 Darob ist unser Herz krank geworden,
darum sind unsere Augen trübe:
18 weil der Berg Zion verwüstet ist;
Füchse tummeln sich daselbst.
19 Du aber, o Herr, bleibst ewiglich,
dein Thron besteht für und für!
20 Warum willst du uns für immer vergessen,
uns verlassen auf Lebenszeit?
21 Bringe uns zu dir zurück, o Herr, so kehren wir um;
laß es wieder werden wie vor alters!
22 Oder hast du uns gänzlich verworfen,
bist du allzusehr über uns erzürnt?
Erscheinung der göttlichen Herrlichkeit und Berufung des Propheten
1 Es begab sich im dreißigsten Jahre, am fünften Tage des vierten Monats, als ich unter den Gefangenen war am Flusse Kebar[b], daß sich der Himmel öffnete und ich Erscheinungen Gottes sah.
2 Am fünften Tage jenes Monats - es war das fünfte Jahr der Gefangenschaft des Königs Jojachin 3 erging das Wort des Herrn an Ezechiel, den Sohn Busis, den Priester, im Lande der Chaldäer am Flusse Kebar, und die Hand des Herrn kam daselbst über ihn.
4 Ich schaute aber, und siehe, ein Sturmwind kam von Norden her, eine große Wolke, unaufhörlich blitzend und von einem Strahlenglanz umgeben; mitten drin aber, inmitten des Feuers, war es wie der Silberblick des Erzes. 5 Und mitten drin die Gestalt von vier lebendigen Wesen, und dies war ihr Aussehen: sie hatten Menschengestalt; 6 ein jedes hatte vier Gesichter und ein jedes vier Flügel. 7 Ihre Füße standen gerade, und ihre Fußsohlen glichen der Fußsohle eines Kalbes, und sie funkelten wie geglättetes Erz. 8 Unter ihren Flügeln an ihren vier Seiten befanden sich Menschenhände. Und alle vier hatten ihre Gesichter und ihre Flügel. 9 Ihre Flügel waren einer mit dem andern verbunden; wenn sie gingen, wandten sie sich nicht um: ein jedes ging gerade vor sich hin.
10 Ihre Gesichter aber waren so gestaltet: vorn eines Menschen Gesicht; zur Rechten, bei allen vieren, ein Löwengesicht; zur Linken, bei allen vieren, ein Stiergesicht; hinten aber hatten alle vier ein Adlergesicht. 11 Ihre Gesichter aber... und ihre Flügel waren nach oben hin ausgebreitet; je zwei waren miteinander verbunden, und zwei bedeckten ihre Leiber. 12 Und jedes ging gerade vor sich hin; wo der Geist hingehen wollte, da gingen sie hin; sie wandten sich nicht, wenn sie gingen. 13 Und dies war das Aussehen der lebendigen Wesen: sie waren wie glühende Kohlen, welche brennen; und es fuhr wie Fackeln zwischen den lebendigen Wesen hin und her, und das Feuer gab einen Glanz, und von dem Feuer gingen Blitze aus; 14 die lebendigen Wesen aber liefen hin und her, wie der Blitz.
15 Als ich nun die lebendigen Wesen betrachtete, siehe, da war je ein Rad auf der Erde neben jedem der lebendigen Wesen, bei ihren vier Gesichtern. 16 Das Aussehen der Räder und ihre Gestaltung war wie Chrysolith, und alle vier hatten die gleiche Gestalt. Sie sahen aber also aus und waren so gemacht, als wäre ein Rad im andern drin. 17 Wenn sie gingen, so liefen sie auf ihren vier Seiten; sie wandten sich nicht, wenn sie gingen. 18 Und ihre Felgen waren so hoch, daß man sich vor ihnen fürchtete; und ihre Felgen waren voller Augen ringsum bei allen vier.
19 Und wenn die lebendigen Wesen gingen, so liefen auch die Räder neben ihnen, und wenn sich die lebendigen Wesen von der Erde erhoben, so erhoben sich auch die Räder. 20 Wo der Geist hingehen wollte, da gingen sie hin, wohin der Geist zu gehen willens war, und die Räder erhoben sich im Verein mit ihnen; denn der Geist des lebendigen Wesens war in den Rädern. 21 Wenn jene gingen, so gingen auch sie, und wenn jene stillstanden, standen auch sie still, und wenn jene sich von der Erde erhoben, so erhoben sich auch die Räder vereint mit ihnen; denn der Geist des lebendigen Wesens war in den Rädern.
22 Und über den Häuptern des lebendigen Wesens war etwas dem Himmelsgewölbe gleich, wie der Anblick eines leuchtenden Kristalls, ausgebreitet oben über ihren Häuptern. 23 Und unter dem Himmelsgewölbe waren ihre Flügel ausgestreckt, einer zum andern hin: ein jedes hatte zwei Flügel, womit sie ihre Leiber auf der einen Seite, und zwei, womit sie sie auf der andern Seite bedeckten[c]. 24 Und ich hörte das Rauschen ihrer Flügel wie das Rauschen großer Wasser und wie die Stimme des Allmächtigen. Wenn sie gingen, so gab es ein Geräusch wie das Getümmel eines Heerlagers; wenn sie aber still standen, ließen sie ihre Flügel hängen.
25 Und es kam eine Stimme oben von dem Himmelsgewölbe her, welches über ihren Häuptern war; wenn sie still standen, ließen sie ihre Flügel hängen. 26 Und über dem Himmelsgewölbe, das über ihren Häuptern war, sah es aus wie ein Saphirstein, wie die Gestalt eines Thrones. Auf dem Gebilde des Thrones aber saß eine Gestalt, anzusehen wie ein Mensch, oben darauf. 27 Ich sah auch wie den Schimmer von Golderz, wie das Aussehen eines Feuers inwendig ringsum; von der Gestalt seiner Lenden nach oben hin und von der Gestalt seiner Lenden nach unten hin sah ich wie die Gestalt des Feuers, und ein Glanz war rings um ihn her. 28 Wie der Bogen aussieht, der an einem Regentag in den Wolken erscheint, also war auch der Glanz ringsum anzusehen.
So war das Aussehen der Erscheinung der Herrlichkeit des Herrn. Als ich sie sah, fiel ich auf mein Angesicht und hörte eine Stimme reden.
Die Sendung Ezechiels
2 Und er sprach zu mir: Menschensohn, stelle dich auf deine Füße, so will ich mit dir reden! 2 Da kam der Geist in mich, sobald er zu mir redete; der stellte mich auf meine Füße, und ich hörte den, der mit mir redete.
3 Und er sprach zu mir: Menschensohn, ich sende dich zu den Kindern Israel, zu den widerspenstigen Heiden, die sich wider mich empört haben; sie und ihre Väter haben wider mich gesündigt bis auf den heuten Tag; 4 ja, ich sende dich zu solchen Kindern, die ein trotziges Angesicht und ein verstocktes Herz haben; zu denen sollst du sagen: „So spricht Gott, der Herr[d]!“ 5 Sie aber, mögen sie darauf hören oder es bleiben lassen - denn sie sind ein widerspenstiges Haus -, sollen wissen, daß ein Prophet unter ihnen gewesen ist. 6 Du aber, Menschensohn, sollst dich vor ihnen nicht fürchten und vor ihren Worten nicht erschrecken, wenn sie auch wie Disteln und Dornen gegen dich sind und du unter Skorpionen wohnst. So fürchte dich doch nicht vor ihren Worten und erschrick nicht vor ihren Gesichtern; denn sie sind ein widerspenstiges Haus. 7 Und du sollst ihnen meine Worte sagen, mögen sie darauf hören oder es bleiben lassen; denn sie sind widerspenstig! 8 Du aber, Menschensohn, höre, was ich dir sage, sei nicht widerspenstig wie das widerspenstige Haus! Tue deinen Mund auf und iß, was ich dir gebe!
9 Da schaute ich, und siehe, eine Hand war gegen mich ausgestreckt, und siehe, sie hielt eine Buchrolle. 10 Und er breitete sie vor mir aus; und sie war vorn und hinten beschrieben, und es waren darauf geschrieben Klagen, Seufzer und Wehe.
3 Und er sprach zu mir: Menschensohn, iß, was du hier vorfindest, iß diese Rolle und gehe hin, rede zum Hause Israel!
2 Da tat ich meinen Mund auf, und er gab mir jene Rolle zu essen.
3 Und er sprach zu mir: Speise deinen Leib und fülle deine Eingeweide mit dieser Rolle, die ich dir gebe! Da aß ich, und es war in meinem Munde so süß wie Honig.
4 Da sprach er zu mir: Menschensohn, gehe hin zum Hause Israel und rede mit meinen Worten zu ihnen! 5 Denn du wirst nicht zu einem Volk von unverständlicher Sprache und schwerer Zunge gesandt, sondern zum Hause Israel; 6 nicht zu großen Nationen, die eine unverständliche Sprache und schwere Zunge haben, deren Worte du nicht verstehen könntest: wahrlich, wenn ich dich zu solchen Leuten sendete, so würden sie auf dich hören; 7 aber das Haus Israel wird nicht auf dich hören wollen; denn sie wollen auch nicht auf mich hören; denn das ganze Haus Israel hat eine harte Stirn und ein verstocktes Herz. 8 Doch siehe, ich habe dein Angesicht so hart gemacht wie ihr Angesicht und deine Stirn so hart wie ihre Stirne. 9 Wie Diamant und härter als Fels mache ich deine Stirn. Fürchte sie nicht und erschrick nicht vor ihren Gesichtern! Denn sie sind ein widerspenstiges Haus.
10 Und er sprach zu mir: Menschensohn, alle meine Worte, die ich zu dir rede, sollst du zu Herzen fassen und mit deinen Ohren hören! 11 Und du sollst hingehen zu den Gefangenen, zu den Kindern deines Volkes, und sollst mit ihnen reden und zu ihnen sagen: So spricht Gott, der Herr! - sie mögen hören oder es bleiben lassen.
12 Da hob mich der Geist empor, und ich hörte hinter mir eine Stimme, ein gewaltiges Getöse: Gepriesen sei die Herrlichkeit des Herrn an ihrem Ort! 13 Ich hörte auch das Rauschen der Flügel der lebendigen Wesen, die einander berührten, und das Rasseln der Räder, die neben ihnen waren, und den Schall eines gewaltigen Getöses. 14 Als mich nun der Geist erhob und wegnahm, ging ich erbittert in grimmigem Zorn, und die Hand des Herrn lag fest auf mir. 15 Und ich kam zu den Gefangenen nach Tel-Abib, zu denen, die am Flusse Kebar wohnen, und da sie dort saßen, setzte ich mich auch dorthin und war sieben Tage lang in Staunen versunken unter ihnen.
Warnung an Israel
16 Aber nach sieben Tagen erging das Wort des Herrn an mich. 17 Er sprach: Menschensohn, ich habe dich zum Wächter bestellt für das Haus Israel; wenn du aus meinem Munde ein Wort vernommen hast, so sollst du sie in meinem Auftrag warnen! 18 Wenn ich zum Gottlosen sage: „Du mußt sterben!“ und du warnst ihn nicht und sagst es ihm nicht, um ihn vor seinem gottlosen Wege zu warnen und am Leben zu erhalten, so wird der Gottlose um seiner Missetat willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern! 19 Warnst du aber den Gottlosen und er kehrt sich doch nicht von seiner Gottlosigkeit und von seinem gottlosen Wege, so wird er um seiner Missetat willen sterben, du aber hast deine Seele errettet!
20 Wenn aber ein Gerechter sich von seiner Gerechtigkeit abkehrt und Unrecht tut, und ich lege einen Anstoß vor ihn hin, so wird er sterben, weil du ihn nicht gewarnt hast; um seiner Sünde willen wird er sterben, und es wird seiner Gerechtigkeit, die er getan hat, nicht gedacht werden; aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern! 21 Wenn du aber den Gerechten gewarnt hast, daß der Gerechte nicht sündigen soll, und er dann nicht sündigt, so soll er am Leben bleiben, weil er sich hat warnen lassen, und du hast deine Seele errettet!
22 Und die Hand des Herrn kam daselbst über mich, und er sprach zu mir: Stehe auf, gehe in das Tal hinaus, damit ich dort mit dir rede! 23 Als ich mich nun aufgemacht hatte und in das Tal hinausgegangen war, siehe, da stand daselbst die Herrlichkeit des Herrn, gleich der Herrlichkeit, welche ich bei dem Flusse Kebar gesehen hatte. Da fiel ich auf mein Angesicht nieder;
24 und der Geist kam in mich und stellte mich auf meine Füße und redete mit mir und sprach zu mir: Gehe hin und verschließe dich in dein Haus! 25 Und du, o Menschensohn, siehe, man wird dir Bande anlegen, mit denen man dich binden wird, so daß du nicht mitten unter sie wirst hinausgehen können. 26 Und ich will deine Zunge an deinem Gaumen kleben lassen, daß du verstummest und für sie kein Strafprediger seiest; denn sie sind ein widerspenstiges Haus! 27 Aber wenn ich zu dir reden werde, so will ich deinen Mund auftun, daß du zu ihnen sagen sollst: „So spricht Gott, der Herr! Wer hören will, der höre, wer es aber unterlassen will, der unterlasse es!“ Denn sie sind ein widerspenstiges Haus.
Sinnbildliche Darstellung der Belagerung Jerusalems
4 Und du, Menschensohn, nimm einen Ziegelstein, lege ihn vor dich und entwirf darauf die Stadt Jerusalem. 2 Und veranstalte eine Belagerung gegen sie und baue einen Belagerungsturm wider sie und schütte einen Wall wider sie auf und stelle Kriegslager wider sie auf und Sturmböcke rings um sie her. 3 Und du, nimm dir eine eiserne Pfanne und stelle sie wie eine eiserne Mauer zwischen dich und die Stadt und richte dein Angesicht gegen sie, daß sie in Belagerungszustand komme, und du sollst sie belagern. Das soll dem Hause Israel ein Zeichen sein.
4 Du aber lege dich auf deine linke Seite und lege die Missetat des Hauses Israel darauf. Solange du darauf liegst, sollst du ihre Missetat tragen. 5 Ich aber habe dir die Jahre ihrer Missetat in ebenso viele Tage verwandelt, nämlich 390 Tage lang sollst du die Missetat des Hauses Israel tragen.
6 Wenn du aber diese Tage vollendet hast, so lege dich das zweitemal auf deine rechte Seite und trage die Missetat des Hauses Juda vierzig Tage lang; je einen Tag will ich dir für ein Jahr auflegen. 7 So richte nun dein Angesicht und deinen entblößten Arm zur Belagerung Jerusalems und weissage wider sie. 8 Und siehe, ich will dir Stricke anlegen, daß du dich nicht von einer Seite auf die andere wenden kannst, bis du die Tage deiner Belagerung vollendet hast.
9 Nimm dir auch Weizen und Gerste, Bohnen und Linsen, Hirse und Spelt und tue sie in ein einziges Geschirr und bereite deine Speise daraus, solange du auf der Seite liegen mußt; 390 Tage lang sollst du davon essen. 10 Und zwar sollst du diese Speise nach dem Gewicht essen, zwanzig Schekel täglich; von Zeit zu Zeit sollst du davon essen. 11 Du sollst auch das Wasser nach dem Maß trinken, nämlich ein Sechstel Hin; das sollst du von Zeit zu Zeit trinken. 12 Und zwar sollst du es [die Speise] in Form von Gerstenbrot essen; das sollst du mit Menschenkot backen, vor ihren Augen. 13 Und der Herr sprach: Also müssen die Kinder Israel ihr Brot unrein essen unter den Heiden[e], unter welche ich sie verstoßen will!
14 Da sprach ich: Ach, Herr, Herr, siehe, meine Seele ist noch niemals befleckt worden; denn von meiner Jugend an bis auf diese Stunde habe ich niemals von einem Aas oder Zerrissenen gegessen; auch ist niemals verdorbenes Fleisch in meinen Mund gekommen. 15 Hierauf antwortete er mir und sprach: Nun wohlan, ich will dir gestatten, daß du Kuhmist anstatt Menschenkot nehmest und darauf dein Brot bereitest!
16 Ferner sprach er zu mir: Menschensohn, siehe, ich will in Jerusalem den Stab des Brotes brechen, so daß sie nach dem Gewicht und mit Kummer Brot essen und nach dem Maß und mit Entsetzen Wasser trinken sollen, 17 damit sie an Brot und Wasser Mangel haben und sich entsetzen, einer wie der andere, und wegen ihrer Missetat verschmachten.
Gericht und Zerstreuung Israels
5 Und du, Menschensohn, nimm dir ein scharfes Schwert als Schermesser! Nimm es und fahre damit über dein Haupt und über deinen Bart; darnach nimm eine Waage und teile die Haare ab. 2 Ein Drittel verbrenne im Feuer, mitten in der Stadt, wenn die Tage der Belagerung vollendet sind; ein Drittel nimm und zerhaue es mit dem Schwert rings um sie her; ein Drittel aber zerstreue in den Wind; denn ich will das Schwert zücken hinter ihnen her. 3 Doch nimm davon eine geringe Zahl [Haare] und binde sie in deinen Rockzipfel. 4 Darnach nimm von denselben abermals und wirf sie mitten ins Feuer und verbrenne sie im Feuer. Von denen soll ein Feuer ausgehen über das ganze Haus Israel.
5 So spricht Gott, der Herr: Das ist Jerusalem! Ich habe sie mitten unter die Heiden gesetzt und Länder rings um sie her. 6 Aber sie hat meinen Rechten frevelhaft widerstanden, mehr als die Heiden, und meinen Satzungen, mehr als die Länder, welche rings um sie her liegen; denn sie haben meine Rechte verachtet und nicht in meinen Satzungen gewandelt.
7 Darum spricht Gott, der Herr, also: Weil ihr es ärger gemacht habt als die Heiden um euch her; weil ihr nicht in meinen Satzungen gewandelt und meine Rechte nicht gehalten habt, ja, weil ihr nicht einmal getan habt nach den Rechten der Heiden um euch her, so spricht Gott, der Herr, also:
8 Siehe, auch ich will über dich kommen und will mitten unter dir Gericht halten vor den Augen der Heiden 9 und mit dir handeln, wie ich niemals getan habe und forthin auch nimmermehr tun werde, und solches um aller deiner Greuel willen. 10 Darum werden in deiner Mitte Väter ihre Söhne essen, und Söhne werden ihre Väter essen; und ich will Gericht in dir halten und alle deine Übriggebliebenen nach allen Winden zerstreuen. 11 Darum, so wahr ich lebe, spricht Gott, der Herr, weil du mein Heiligtum mit allen deinen Greueln und mit allen deinen schändlichen Taten verunreinigt hast, will auch Ich mich abwenden; mein Auge soll deiner nicht schonen; und auch Ich will mich nicht erbarmen. 12 Ein Drittel von dir soll an der Pest sterben und in deiner Mitte durch Hunger aufgerieben werden; ein Drittel soll durch das Schwert fallen rings um dich her; das letzte Drittel aber will ich in alle Winde zerstreuen und das Schwert hinter ihnen her zücken.
13 Also soll mein Zorn sich erschöpfen, und ich will meinen Grimm an ihnen stillen und mich rächen, daß sie erfahren sollen, daß ich, der Herr, in meinem Eifer geredet habe, wenn ich meinen Grimm an ihnen kühle.
14 Und ich will dich zu einer Wüstenei und zur Schmach machen unter den Heiden um dich her, vor den Augen aller, die vorübergehen; 15 und du sollst zur Schmach und zum Hohn, zur Warnung und zum Entsetzen werden den Heiden, die um dich her sind, wenn ich an dir das Urteil vollziehe im Zorn und Grimm und mit grimmigen Strafen. 16 Ich, der Herr, habe es gesagt - wenn ich die bösen Pfeile des Hungers wider sie abschieße zu ihrem Verderben -, und ich werde sie abschießen, um euch umzubringen -, und ich will noch mehr Hunger über euch bringen und werde euch den Stab des Brotes brechen. 17 Und ich will nicht nur Hunger, sondern auch wilde Tiere gegen euch senden, daß sie dich der Kinder berauben sollen. Pest und Blutvergießen sollen über dich kommen; ich will auch das Schwert über dich bringen. Ich, der Herr, habe es gesagt!
Strafandrohung wegen Israels Götzendienst
6 Und das Wort des Herrn erging an mich also:
2 Menschensohn, richte dein Angesicht gegen die Berge Israels
und weissage wider sie und sprich:
3 Ihr Berge Israels, höret das Wort Gottes, des Herrn!
So spricht Gott, der Herr, zu den Bergen und Hügeln, zu den Gründen und Tälern:
Seht, ich will ein Schwert über euch bringen
und eure Höhen verderben.
4 Eure Altäre sollen verwüstet
und eure Sonnensäulen zerbrochen werden,
und ich will eure Erschlagenen vor eure Altäre hinlegen
5 Und ich will die Leichname der Kinder Israel vor ihre Götzen werfen
und will eure Gebeine rings um eure Altäre zerstreuen.
6 An allen euren Wohnsitzen sollen die Städte öde
und die Höhen verwüstet werden,
daß eure Altäre verlassen und zerstört,
eure Götzen zerbrochen und abgetan,
eure Sonnensäulen umgestürzt
und eure Machwerke vernichtet werden.
7 Und Erschlagene sollen mitten unter euch fallen,
so werdet ihr erfahren, daß ich der Herr bin!
8 Ich will aber etliche von euch übriglassen,
die dem Schwert entrinnen sollen unter den Heiden,
wenn ihr in die Länder zerstreut werdet.
9 Diejenigen aber von euch, welche entrinnen,
werden meiner gedenken bei den Heiden, wohin sie gefangen geführt worden sind,
wenn ich ihr buhlerisches Herz, das von mir abgewichen ist,
und ihre Augen, die ihren Götzen nachbuhlten, gebrochen habe.
Alsdann werden sie an sich selbst Mißfallen haben
wegen der Bosheit, welche sie mit allen ihren Greueln verübt haben,
10 und sie werden erfahren, dass ich, der Herr,
nicht umsonst gesagt habe,
daß ich solches Unglück über sie bringen werde.
11 Gott, der Herr, hat also gesprochen:
Schlage deine Hände zusammen und stampfe mit deinem Fuß
und rufe ein Wehe aus
über alle schändlichen Greuel des Hauses Israel!
Durchs Schwert, durch Hunger und Pest soll es umkommen!
12 Wer in der Ferne sein wird, der wird an der Pest sterben,
und wer in der Nähe sein wird, soll durch das Schwert umkommen;
wer aber übrigbleibt und erhalten wird, soll Hungers sterben.
Also will ich meinen grimmigen Zorn an ihnen stillen.
13 Alsdann werdet ihr erfahren, daß ich der Herr bin,
wenn ihre Erschlagenen mitten unter ihren Götzen
um ihre Altäre her liegen werden,
auf allen hohen Hügeln, auf allen Berghöhen,
unter allen grünen Bäumen und unter allen dichtbelaubten Eichen,
an den Stätten, wo sie allen ihren Götzen
süßen Opferduft bereitet haben.
14 Und ich will meine Hand über sie ausstrecken
und das Land zur Wüste und Einöde machen
von der Steppe an bis nach Diblat hin,
an allen ihren Wohnorten,
und so sollen sie erfahren, daß ich der Herr bin!
Das Ende kommt
7 Und das Wort des Herrn erging also an mich:
2 Du, Menschensohn! So spricht Gott, der Herr,
von dem Lande Israel: Das Ende kommt,
ja, das Ende über alle vier Landesgegenden!
3 Nun wird das Ende über dich kommen,
und ich will meinen Zorn über dich entfesseln
und dich nach deinem Wandel richten
und dir alle deine Greuel vergelten.
4 Mein Auge soll deiner nicht schonen,
und ich will mich deiner nicht erbarmen,
sondern dir vergelten nach deinen Wegen
und nach deinen Greueln, die in deiner Mitte vorgekommen sind,
und so sollt ihr erfahren, daß ich der Herr bin!
5 So spricht Gott, der Herr:
Es kommt ein einzigartiges Unglück,
siehe, das Unglück kommt!
6 Das Ende kommt, es kommt das Ende; es erwacht gegen dich,
siehe, es ist schon da!
7 Das Verhängnis kommt über dich, du Bewohner des Landes;
die Zeit ist da; der Tag der Bestürzung ist nahe
und nicht des Jauchzens auf den Bergen.
8 Jetzt gieße ich gar bald meinen Grimm über dich aus
und kühle meinen Zorn an dir!
Ich will dich nach deinem Wandel richten
und dir alle deine Greuel vergelten.
9 Mein Auge soll deiner nicht schonen,
und ich will mich nicht erbarmen,
sondern dir vergelten nach deinem Wandel
und nach deinen Greueln, die in deiner Mitte geschehen sind,
und so sollt ihr erfahren, daß ich, der Herr, es bin, welcher schlägt.
10 Siehe, da ist der Tag, siehe, er kommt!
Das Verhängnis bricht an;
die Rute blüht;
es grünt der Übermut!
11 Die Gewalttätigkeit erhebt sich als Rute der Gottlosigkeit.
Es wird nichts von ihnen übrigbleiben, weder von ihrer Menge, noch von ihrem Reichtum,
und niemand wird sie beklagen.
12 Die Zeit kommt, der Tag naht!
Wer etwas kauft, der freue sich nicht;
wer verkauft, der traure nicht,
denn Zornglut ist entbrannt über ihren ganzen Haufen.
13 Denn der Verkäufer wird nicht wieder zu dem verkauften Gut gelangen,
auch wenn er noch unter den Lebendigen am Leben ist;
denn die Weissagung wider ihre ganze Menge wird nicht umkehren,
und niemand wird sich durch seine Missetat am Leben erhalten.
14 Stoßet nur ins Horn und rüstet alles zu,
es wird doch niemand in die Schlacht ziehen;
denn mein Zorn kommt über ihren ganzen Haufen.
15 Draußen wird das Schwert wüten, drinnen aber Pest und Hunger;
wer aber auf dem Felde ist, der soll durchs Schwert umkommen;
wer aber in der Stadt ist, den sollen Hunger und Pest verzehren!
16 Welche von ihnen aber entrinnen,
die werden auf den Bergen sein wie die Tauben in den Schluchten.
Sie werden alle seufzen,
ein jeder um seiner Missetat willen.
17 Aller Hände werden erschlaffen
und aller Knie wie Wasser zerfließen.
18 Sie werden Säcke umgürten;
Schrecken wird sie bedecken.
Alle Angesichter werden schamrot
und alle ihre Häupter kahl sein.
19 Sie werden ihr Silber auf die Gassen werfen,
und ihr Gold wird zu Unrat werden.
Ihr Silber und Gold vermag sie nicht zu retten
am Tage des grimmigen Zorns des Herrn.
Es wird ihre Seelen nicht sättigen
und ihren Leib nicht füllen;
denn es ist ihnen ein Anstoß zur Sünde geworden.
20 Seinen zierlichen Schmuck haben sie zur Hoffart verwendet,
und sie haben ihre greulichen und scheußlichen Bilder daraus gemacht.
Darum habe ich es ihnen in Unrat verwandelt
21 und will es den Fremden zum Raub
und den Gottlosen auf Erden zur Beute geben,
daß sie es entweihen.
22 Und ich will mein Angesicht von ihnen wenden,
daß man meinen verborgenen Schatz entheilige;
denn es werden Räuber dahinter kommen und ihn entweihen.
23 Mache Ketten,
denn das Land ist ganz mit Blutschulden erfüllt,
und die Stadt ist voller Frevel!
24 Ich aber will die schlimmsten Heidenvölker herbringen,
daß sie deren Häuser einnehmen;
und ich will dem Hochmut der Starken ein Ende machen,
und ihre Heiligtümer sollen entheiligt werden.
25 Die Angst kommt!
Sie werden Frieden suchen und ihn nicht finden.
26 Ein Unglück nach dem andern kommt
und eine Kunde um die andere;
alsdann werden sie vom Propheten eine Offenbarung verlangen;
aber die Priester haben die Lehre verloren
und die Ältesten den Rat.
27 Der König wird trauern, der Fürst wird sich in Entsetzen kleiden,
und die Hände des gemeinen Volkes werden zittern.
Ich will sie behandeln nach ihrem Wandel
und sie richten, wie es ihnen gebührt,
so werden sie erfahren, daß ich der Herr bin!
Das Gesicht von Jerusalems Götzendienst und dessen Bestrafung
8 Im sechsten Jahr, am fünften Tage des sechsten Monats, begab es sich, daß ich in meinem Hause saß, und die Ältesten Judas saßen vor mir; daselbst fiel die Hand Gottes, des Herrn, auf mich.
2 Und ich schaute, und siehe, ein Bild wie eine Menschengestalt; von seinen Lenden abwärts war es anzusehen wie Feuer, aufwärts aber war es anzusehen wie ein Glanz, gleich dem Anblick des Golderzes. 3 Und es streckte etwas wie eine Hand aus und ergriff mich bei den Locken meines Hauptes, und der Geist hob mich empor zwischen Himmel und Erde und brachte mich in Gesichten Gottes nach Jerusalem, an den Eingang des innern Tors, das gegen Mitternacht schaut, woselbst ein Bild der Eifersucht, das den Eifer [Gottes] erregt, seinen Standort hatte. 4 Und siehe, daselbst war die Herrlichkeit des Gottes Israels, in derselben Gestalt, wie ich sie im Tale gesehen hatte.
5 Und er sprach zu mir: Menschensohn, hebe doch deine Augen auf gegen Mitternacht! Und siehe, da war nördlich vom Altartor dieses Bild der Eifersucht, beim Eingang. 6 Da sprach er zu mir: Menschensohn, siehst du, was diese tun? Siehst du die großen Greuel, welche das Haus Israel hier begeht, so daß ich mich von meinem Heiligtum entfernen muß? Aber du wirst noch andere große Greuel sehen!
7 Und er führte mich zum Tor des Vorhofs; und ich schaute, und siehe, da war ein Loch in der Wand! 8 Da sprach er zu mir: Menschensohn, brich doch durch die Wand! Als ich nun durch die Wand brach, siehe, da war eine Tür.
9 Und er sprach zu mir: Komm und siehe die schlimmen Greuel, welche sie hier verüben! 10 Da ging ich hinein und schaute, und siehe, da waren allerlei Bildnisse von Reptilien und greulichem Getier, auch allerlei Götzen des Hauses Israel ringsum an der Wand eingegraben. 11 Und vor ihnen standen siebzig Männer von den Ältesten des Hauses Israels, und mitten unter ihnen stand Jaasanja, der Sohn Saphans; und jeder von ihnen hatte eine Räucherpfanne in seiner Hand, und es ging ein Rauch auf, eine Wolke von Weihrauch.
12 Da sprach er zu mir: Menschensohn, hast du gesehen, was die Ältesten des Hauses Israel im Finstern tun, ein jeder in seinen Bilderkammern? Denn sie sagen: Der Herr sieht uns nicht, der Herr hat dieses Land verlassen! 13 Darnach sprach er zu mir: Du wirst noch mehr große Greuel sehen, welche sie begehen!
14 Und er führte mich zu dem Eingang des Tores des Hauses des Herrn, welches gegen Norden liegt; und siehe, dort saßen Weiber, welche den Tammus[f] beweinten. 15 Da sprach er zu mir: Hast du das gesehen, Menschensohn? Du wirst noch größere Greuel sehen, als diese sind!
16 Und er führte mich in den innern Vorhof des Hauses des Herrn; und siehe, am Eingang zum Tempel des Herrn, zwischen der Halle und dem Altar, waren etwa fünfundzwanzig Männer; die kehrten dem Tempel des Herrn den Rücken, ihr Angesicht aber gegen Aufgang, und sie beteten gegen Aufgang die Sonne an.
17 Da sprach er zu mir: Hast du das gesehen, Menschensohn? Ist es dem Hause Juda zu gering, die Greuel zu tun, welche sie hier verüben, daß sie auch das Land mit Frevel erfüllen und mich immer wieder zum Zorn reizen? Und siehe, sie halten grüne Zweige an ihre Nase[g]! 18 So will denn auch ich in meinem grimmigen Zorn handeln; mein Auge soll ihrer nicht schonen, und ich will mich ihrer nicht erbarmen; und wenn sie mir gleich mit lauter Stimme in die Ohren schreien, so werde ich sie doch nicht erhören.
Gericht über die Götzendiener
9 Und er rief mir mit lauter Stimme in die Ohren und sprach: Nahet herzu, ihr Heimsuchungen der Stadt! Ein jeder nehme seine Mordwaffe zur Hand!
2 Und siehe, da kamen sechs Männer des Weges vom obern Tor her, welches nach Norden schaut, und ein jeder hatte seine Zerstörungswaffe in der Hand; in ihrer Mitte aber war ein Mann, der trug ein leinenes Kleid und hatte ein Schreibzeug an der Seite; diese gingen hinein und stellten sich neben den ehernen Altar.
3 Da erhob sich die Herrlichkeit des Gottes Israels von dem Cherub, über welchem sie gewesen, hin zur Schwelle des Hauses und rief dem Manne zu, der das leinene Kleid trug und das Schreibzeug an der Seite hatte. 4 Und der Herr sprach zu ihm: Gehe mitten durch die Stadt, mitten durch Jerusalem und mache ein Zeichen[h] auf die Stirn der Leute, die da seufzen und jammern über die Greuel, die darinnen verübt werden.
5 Zu den andern aber sprach er vor meinen Ohren: Gehet hinter ihm her durch die Stadt und erwürget; euer Auge soll nicht schonen, und ihr dürft kein Mitleid haben. 6 Tötet, vernichtet Greise, Jünglinge und Jungfrauen, Kinder und Frauen! Von denen aber, die das Zeichen tragen, rühret niemand an! Fanget aber bei meinem Heiligtum an! Da fingen sie bei den Ältesten an, die vor dem Tempel waren. 7 Und er sprach zu ihnen: Verunreiniget das Haus und füllet die Vorhöfe mit Erschlagenen! Ziehet aus! Da zogen sie aus und mordeten in der Stadt.
8 Als sie nun so mordeten und ich noch übrig war, fiel ich auf mein Angesicht, schrie und sprach: Ach, Herr, Herr, willst du in deinem Zorn, welchen du über Jerusalem ausgießest, alles umbringen, was von Israel noch übrig ist? 9 Da antwortete er mir: Die Sünde des Hauses Israel und Juda ist überaus groß! Das Land ist voll Blut und die Stadt voll Unrecht; denn sie sagen: “Der Herr hat sein Land verlassen, und der Herr sieht es nicht!“ 10 So soll auch mein Auge ihrer nicht schonen, und ich will kein Mitleid haben, sondern ihren Wandel auf ihren Kopf vergelten.
11 Und siehe, der Mann, welcher das leinene Kleid trug und das Schreibzeug an der Seite hatte, brachte eine Meldung und sprach: Ich habe getan, wie du mir befohlen hast!
Die Herrlichkeit Gottes verläßt den Tempel
10 Und ich schaute, und siehe, auf dem Firmament, das über dem Haupte der Cherubim war, befand sich etwas wie ein Saphirstein; etwas, das wie ein Throngebilde aussah, erschien über ihnen. 2 Und er redete mit dem Mann, der das leinene Kleid trug, und sagte: Gehe hinein zwischen die Räder unter dem Cherub und fülle deine Hände mit glühenden Kohlen, die zwischen den Cherubim sind, und sprenge sie über die Stadt! Da ging er vor meinen Augen hinein.
3 Und die Cherubim standen auf der rechten Seite des Hauses, als der Mann hineinging; die Wolke aber erfüllte den innern Vorhof. 4 Da erhob sich die Herrlichkeit des Herrn von dem Cherub zu der Schwelle des Hauses hin, also daß der Tempel von der Wolke erfüllt und der Vorhof voll Glanzes der Herrlichkeit des Herrn wurde. 5 Und man hörte das Rauschen der Flügel der Cherubim bis in den äußern Vorhof, gleich der Stimme des allmächtigen Gottes, wenn er redet.
6 Als er nun dem Manne, der das leinene Kleid trug, befahl, Feuer zwischen den Rädern, zwischen den Cherubim, zu holen, da ging dieser hinein und trat neben das Rad. 7 Da streckte ein Cherub seine Hand zwischen die Cherubim, nach dem Feuer, das zwischen den Cherubim war, und nahm davon und gab es dem, der das leinene Kleid trug, in die Hände; der nahm es und ging hinaus. 8 Und es wurde an den Cherubim etwas wie eine Menschenhand unter ihren Flügeln sichtbar. -
9 Und ich schaute, und siehe, da waren vier Räder bei den Cherubim; ein Rad bei dem einen Cherub und das andere Rad bei dem andern Cherub; die Räder aber waren anzusehen wie der Glanz eines Chrysolithsteins. 10 Dem Ansehen nach waren sie alle vier von einerlei Gestalt, als wäre ein Rad mitten in dem andern. 11 Wenn sie gingen, so gingen sie nach ihren vier Seiten; keines wandte sich um, wenn es ging; sondern wohin sich das Haupt wandte, dahin gingen sie, ihm nach, und sie wandten sich nicht um im Gehen. 12 Ihr ganzer Leib und ihr Rücken und ihre Hände und ihre Flügel, auch die Räder waren alle ringsum voller Augen, bei allen vieren. 13 Und ihre Räder, die Räder nannte er vor meinen Ohren „Wirbelwind“. 14 Aber jeder einzelne [Cherub] hatte vier Gesichter; das erste war eines Cherubs Gesicht[i], das zweite eines Menschen Gesicht, das dritte eines Löwen Gesicht und das vierte eines Adlers Gesicht.
15 Und die Cherubim erhoben sich. Es war das lebendige Wesen, welches ich am Flusse Kebar gesehen hatte. 16 Wenn nun die Cherubim gingen, so gingen auch die Räder mit ihnen; und wenn die Cherubim ihre Flügel schwangen, daß sie sich von der Erde emporhoben, so wandten sich auch die Räder nicht von ihrer Seite. 17 Wenn jene stillstanden, so standen auch diese still, wenn jene sich emporhoben, so erhoben sich auch die Räder mit ihnen; denn der Geist des lebendigen Wesens war in ihnen.
18 Und die Herrlichkeit des Herrn ging von der Schwelle des Tempels hinweg und stellte sich über die Cherubim. 19 Da schwangen die Cherubim ihre Flügel und erhoben sich von der Erde bei ihrem Wegzug vor meinen Augen, und die Räder neben ihnen. Aber an der östlichen Pforte des Hauses des Herrn blieben sie stehen, und oben über ihnen war die Herrlichkeit des Gottes Israels.
20 Es war das lebendige Wesen, welches ich am Flusse Kebar unter dem Gott Israels gesehen hatte; und ich merkte, daß es Cherubim waren. 21 Ein Jedes hatte vier Gesichter und ein jedes vier Flügel, und etwas wie Menschenhände war unter ihren Flügeln. 22 Was aber die Gestalt ihrer Gesichter betrifft, so waren es die gleichen Gesichter, welche ich am Flusse Kebar gesehen hatte, ihre Erscheinung und sie selbst. Ein jedes ging gerade vor sich hin.
Gericht über die Obersten des Volkes
11 Und der Geist hob mich auf und führte mich zum östlichen Tor des Hauses des Herrn, welches gegen Morgen sieht. Und siehe, fünfundzwanzig Männer waren am Eingang des Tors, unter denen ich Jaasanja, den Sohn Assurs, und Pelatja, den Sohn Benajas, die Obersten des Volkes, erblickte. 2 Und er sprach zu mir: Menschensohn, das sind die Leute, welche böse Anschläge machen und schlimmen Rat erteilen in dieser Stadt! Sie sagen: 3 „Wird man nicht bald wieder Häuser bauen? Sie ist der Topf und wir das Fleisch!“ 4 Darum sollst du wider sie weissagen! Weissage, Menschensohn!
5 Und der Geist des Herrn fiel auf mich und sprach zu mir:
Sage: So spricht der Herr!
Ihr, das Haus Israel, sprechet so;
und was in eurem Geist aufsteigt, weiß ich wohl!
6 Ihr habt viele in dieser Stadt umgebracht
und habt ihre Gassen mit Erschlagenen gefüllt.
7 Darum spricht Gott, der Herr, also:
Eure Erschlagenen, welche ihr in dieser Stadt hingestreckt habt,
sind das Fleisch, und sie ist der Topf;
euch aber wird man aus ihr hinausführen!
8 Ihr fürchtet das Schwert,
aber das Schwert will ich über euch bringen,
spricht Gott, der Herr.
9 Ich will euch aus dieser Stadt hinausführen
und euch Fremden ausliefern
und das Urteil an euch vollstrecken!
10 Ihr sollt durchs Schwert fallen;
an der Grenze Israels will ich euch richten,
und ihr sollt erfahren, daß ich der Herr bin.
11 Diese Stadt wird nicht euer Topf sein,
und ihr werdet nicht das Fleisch darin sein,
sondern ich will euch an der Grenze Israels richten!
12 Und ihr sollt erfahren, daß ich der Herr bin,
in dessen Geboten ihr nicht gewandelt
und dessen Satzungen ihr nicht gehalten habt;
sondern nach den Bräuchen der Heiden, die um euch her sind, habt ihr getan.
13 Während ich nun weissagte, begab es sich, daß Pelatja, der Sohn Benajas, starb. Da fiel ich nieder auf mein Angesicht und schrie mit lauter Stimme und sprach: Ach, Herr, Herr, willst du den Überrest Israels gänzlich aufreiben? 14 Da erging das Wort des Herrn an mich also:
15 Menschensohn, deine Brüder, ja, deine Brüder,
deine Verwandten und das ganze Haus Israel,
sie alle sind es, von denen die Einwohner erusalems sagen:
„Sie sind fern vom Herrn;
uns aber ist dieses Land zum Besitztum gegeben!“ -
Verheißung der Rückkehr Israels
16 Darum sollst du zu ihnen sagen: So spricht Gott, der Herr:
Ich habe sie wohl fern unter die Nationen getan
und in die Länder zerstreut;
aber ich bin ihnen doch ein wenig zum Heiligtum geworden
in den Ländern, dahin sie gekommen sind.
17 Darum sollst du weiter zu ihnen sagen: So spricht Gott, der Herr:
Ich will euch aus den Völkern sammeln
und euch aus den Ländern, in welche ihr zerstreut worden seid, wieder zusammenbringen
und euch das Land Israel wieder geben!
18 Und sie werden dahin kommen
und alle Scheusale und Greuel daraus entfernen.
19 Ich aber will ihnen ein einiges Herz[j] geben
und einen neuen Geist in eure Brust[k] legen
und will das steinerne Herz aus ihrem Leibe nehmen
und ihnen ein fleischernes Herz geben,
20 damit sie in meinen Geboten wandeln
und meine Rechte beobachten und sie tun;
und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein.
21 Denen aber, deren Herz ihren Greueln und Scheusalen nachwandelt,
will ich ihren Wandel auf ihren Kopf vergelten,
spricht Gott, der Herr.
Die Herrlichkeit Gottes zieht sich zurück
22 Darnach hoben die Cherubim ihre Flügel empor, und die Räder [gingen] neben ihnen, und die Herrlichkeit des Gottes Israels war oben über ihnen. 23 Und die Herrlichkeit des Herrn stieg auf, mitten aus der Stadt, und blieb stehen auf dem Berge, der östlich von der Stadt liegt. 24 Mich aber nahm der Geist und führte mich im Gesichte, im Geist Gottes, wieder zu den Gefangenen in Chaldäa; und die Erscheinung, welche ich gesehen hatte, hob sich von mir hinweg.
25 Da sagte ich den Gefangenen alle Worte des Herrn, welche er mich hatte schauen lassen.
Sinnbildliche Darstellung der Deportation
12 Und das Wort des Herrn erging an mich also: 2 Menschensohn, du wohnst inmitten eines widerspenstigen Hauses, welches Augen hat zum Sehen und doch nicht sieht, Ohren zum Hören und doch nicht hört; denn sie sind ein widerspenstiges Haus.
3 Darum, du Menschensohn, mache dir Wandergeräte und ziehe bei Tage vor ihren Augen aus. Vor ihren Augen sollst du von deinem Wohnort an einen anderen Ort ziehen; vielleicht werden sie es bemerken, denn sie sind ein widerspenstiges Haus. 4 Du sollst dein Geräte wie Wandergeräte bei Tage vor ihren Augen heraustragen; du aber sollst des Abends vor ihren Augen hinausziehen, wie man auszieht, wenn man auswandern will. 5 Du sollst vor ihren Augen die Wand durchbrechen und dein Geräte dadurch hinaustragen. 6 Du sollst es vor ihren Augen auf die Schulter nehmen und es in der Finsternis hinaustragen. Verhülle aber dein Angesicht, daß du das Land nicht sehest; denn ich habe dich zum Zeichen gemacht für das Haus Israel.
7 Da tat ich so, wie mir befohlen war; mein Gerät brachte ich wie Wandergeräte bei Tag hinaus; und am Abend durchbrach ich mit der Hand die Wand; da es aber finster ward, nahm ich es auf meine Schulter und trug es vor ihren Augen hinaus.
8 Aber am Morgen früh erging das Wort des Herrn an mich also:
9 Menschensohn, hat nicht das widerspenstige Haus Israel zu dir gesagt: „Was tust du da?“ 10 Sage zu ihnen: So spricht Gott, der Herr: diese Weissagung gilt Jerusalem und dem ganzen Hause Israel, welches darin ist.
11 Sage: Ich bin für euch ein Wahrzeichen!
Wie ich getan habe, so soll es ihnen gehen!
In die Verbannung, in die Gefangenschaft müssen sie wandern!
12 Und der Fürst, der in ihrer Mitte ist,
wird seine Schulter beladen und sich im Finstern davonmachen.
Man wird durch die Mauer brechen, um ihn da hinauszuführen;
er wird sein Angesicht verhüllen,
daß er mit seinen Augen das Land nicht ansehen müsse.
13 Ich will auch mein Garn über ihn ausspannen,
und er wird in meinem Netz gefangen werden;
und ich will ihn gen Babel führen, in das Land der Chaldäer;
aber er wird es nicht sehen und soll daselbst sterben.
14 Und alles, was um ihn her ist, seine Helfer
und seine Truppen, will ich in alle Winde zerstreuen
und das Schwert hinter ihnen zücken.
15 Dann werden sie erkennen, daß ich der Herr bin,
wenn ich sie unter die Heiden zerstreut
und in die Länder verjagt habe.
16 Und ich will von ihnen einige Männer übriglassen
vom Schwerte, vom Hunger und von der Pest,
damit sie unter den Heiden, unter welche sie kommen,
alle ihre Greuel erzählen
und erfahren, daß ich der Herr bin.
17 Und das Wort des Herrn erging an mich also:
18 Menschensohn, du sollst dein Brot mit Zittern essen
und dein Wasser mit Furcht und Sorgen trinken;
19 und du sollst zu dem Volke des Landes sagen:
So spricht Gott, der Herr,
zu den Einwohnern Jerusalems, zum Land Israel.
Sie müssen ihr Brot mit Sorgen essen
und ihr Wasser mit Entsetzen trinken,
weil ihr Land von aller seiner Fülle entsetzlich verödet wird,
wegen des Frevels aller derer, die darin wohnen.
20 Die bewohnten Städte sollen wüste
und das Land öde werden,
damit ihr erfahret, daß ich der Herr bin!
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